Ich mache es nicht gerne, ich mache es nicht oft, aber manchmal komme ich einfach nicht drumherum: eine Fahrt mit dem Colectivo. Der Colectivo ist ein Fahrzeug für den öffentlichen Personennahverkehr in Paraguay... also der Bus. Je ländlicher die Gegend, desto spannender die Fahrt.
Das Eintreffen des Colectivo kündigt sich meist schon einige Zeit im Voraus an. Das Brüllen des seit Jahrzehnten geschundenen Motors, unterbrochen vom Krachen des Getriebes ist schon von weitem zu hören. Eigentlich ist der farbenfrohe Bus hübsch anzusehen, doch beim Näherkommen fallen dem Fahrgast einige Details ins Auge. Die mit Draht befestigte Stossstange schaukelt hin und her und schafft es fast von den profilfreien und rissigen Reifen abzulenken, die zusätzlich auch noch ein bisschen eiern. Durch die Windschutzscheibe, verziert mit einem ordentlichen Steinschlag und von Heiligenfiguren, Aufklebern und diversen Schildern gerahmt, ist der Fahrer kaum noch zu sehen.
Der Paraguayer ist Kummer gewohnt und so besteigen alle fröhlich den Bus. Leicht nervös folge ich, bezahle mein Ticket und begebe mich zum hinteren Teil des Gefährts. Es sind geschätzte 50°C, die Luft ist stickig und es riecht nach Diesel und Käse. Schwitzend lasse ich mich auf eine freie Bank fallen, die mich sehr an einen Klappstuhl erinnert und irgendwas in dem Sitz bohrt sich in meinen Hintern. Der Fahrer gibt Gas und ächzend, umgeben von einer schwarzen Qualmwolke, setzt sich der Colectivo in Bewegung. Von nun an hat der Fahrer alle Hände voll zu tun den Bus zu fahren, seinen Becher Mate zu trinken, SMSen zu schreiben und auch noch mit einem Fahrgast die letzten Neuigkeiten auszutauschen.
Die nächste Haltestelle kommt recht bald und so beginnt der Busfahrer frühzeitig ein wenig Druck auf die Bremse zu pumpen, damit er auch innerhalb der verbleibenden 500 Meter zum stehen kommt. Hier steigen eine Chipa-Verkäuferin und ein Gitarrenspieler zu. Zufrieden mampfe ich meine Chipa und lausche den Klängen paraguayischer Folklore. Ein positiver Nebeneffekt ist, dass ich von der mittlerweile erreichten Geschwindigkeit von 120 km/H und dem damit verbundenen Scheppern, Rappeln und Quietschen abgelenkt bin. Auch, wenn der alte Bus an die Grenzen seiner Belastbarkeit stösst, muss der Fahrer diese Geschwindigkeit erreichen, denn von jetzt an geht es bergauf und wir würden sonst niemals den nächsten Hügel bezwingen. Auf den letzten Metern der Steigung kommen wir kaum noch vorwärts. Der Fahrer flucht leise vor sich hin und unter den Passagieren macht sich eine angespannte Stimmung breit. Jeder, der öfter Colectivo fährt, musste schon einmal den Bus mit anschieben, beim Reifenwechsel helfen oder in glühender Hitze auf ein Ersatzfahrzeug warten. Eingehüllt in einer schwarzen Wolke schafft es der Bus dann doch über den Hügel und den Rest der Fahrt konzentriere ich mich auf einen Riss im Boden, durch den ich die Strasse sehen kann. Noch während ich versuche zu erkennen, ob die Spalte grösser wird, haben wir mein Ziel erreicht und ich bin froh, dass ich aussteigen kann. Auch das mulmige Gefühl im Magen lässt langsam nach.... wenn da nicht die Rückfahrt wäre! Aber was wäre das Leben ohne kleine Abenteuer?