Donnerstag, 27. Mai 2010

Ich hasse Mandioca


Eigentlich bin ich eine begeisterte Köchin. Den ganzen Tag kann ich mit wachsender Begeisterung schälen, schneiden, mischen, kochen, backen, braten und mir immer neue Gerichte einfallen lassen. Selbst die Verstümmelung eines schlachtfrischen Schweines lässt nicht den Hauch eines unmotivierten Gedankens bei mir aufkommen.... bis jetzt! Ich muss zugeben, ich habe meinen Meister gefunden. Die Wurzel des Bösen, das Gemüse des Grauens heisst "Mandioca". In Paraguay wird diese gekochte Katastrophe quasi zu jedem Mahl gereicht. Dieses ist mir völlig unverständlich da der Geschmack und die Konsistenz der Mandioca meinen Gaumen nicht nur beleidigt sondern auch längerfristig kränkt.

Geliefert wird Mandioca grundsätzlich frisch geerntet und da es sich um eine Wurzel handelt ist diese auch Zentimeter dick mit roter Erde verklebt. Nun glaubt der gewitzte Koch dieses Ding einfach schälen zu können... weit gefehlt. Da das Innere weiss ist, würde die rote Erde die Wurzel verschmutzen und sie lässt sich einfach nicht mehr abwaschen (ja wohl, ich habe es versucht, das gibt eine riesen Sauerei!). Also muss das Ganze erst einmal mit viel Wasser und einer Bürste entseucht werden. Nach diesem Arbeitsgang befindet sich die Küche in einem Zustand, dass ein Niederbrennen der Selben als bessere Lösung erscheint als deren Reinigung.

Der zweite Arbeitsgang -das Schälen- hat für mich grosse Ähnlichkeit mit der Mission eines Kamikaze Piloten. Die teilweise baumrindenharte Schale verlangt nach einem kräftigen, rasierklingenscharfen Messer. Die Konsistenz der Schale ist nicht auf der ganzen Wurzel gleich was zur Folge hat, dass der zum schälen Verdammte das Messer beherzt ansetzt, durch die dicke Schale prügelt um dann, wenn die Schale plötzlich und nicht ersichtlich an einer Stelle weicher und dünner wird, hilflos zu beobachten wie sich ein sehr scharfes Messer in hoher Geschwindigkeit auf diverse Körperteile zu bewegt. Auf 5 Kilogramm zu schälenden Mandioca ist mit der völligen Verstümmelung von mindestens einem Daumen und ein oder zwei weiteren Fingern zu rechnen. Ein Mandioca Novize hat noch diverse Stich- und Schnittverletzungen am Oberbauch zu erwarten.

Der dritte Arbeitsgang ist meines Erachtens nach der gefährlichste. Das Zerteilen der harten Wurzel erinnert mehr an Holzhacken als an Küchenarbeit. Nach dem Ansetzen des Messers muss hoher Druck aufgewendet werden um den Mandioca überhaupt dazu zu bewegen dem Messer Einlass in die Oberfläche zu gewähren. Leider bricht sofort danach die Wurzel auf und das Messer jagt ungebremst bis zur Schnittunterlage herunter. Befinden sich diverse Finger zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort ist mit deren gesamten oder zumindest teilweisen Verlust zu rechnen.

Im letzten und unspektakulärsten Arbeitsgang wird das Ganze in Salzwasser gekocht und kann serviert werden.

Nun ist es natürlich so, dass ich möglichst versuche die Verarbeitung von Mandioca zu vermeiden, daher bieten wir im Geschäft ein weitreichendes Beilagenmenü an und noch während Pierre die unzähligen Speisen aufzählt wird er meist unterbrochen: "Habt ihr Mandioca?" Ich verdrehe die Augen, ziehe die Bleischürze und die Kettenhandschuhe über, lege die gesamte Küche mit Plastikfolie aus...