Dienstag, 2. Dezember 2014

Pierre baut einen Kamin

Es war einmal vor langer Zeit, da hat ein Schelm das Gerücht verbreitet, in Paraguay wäre es immer warm. So begab es sich, dass fortan die Häuser ohne jegliche Möglichkeit der Beheizung errichtet wurden... und jetzt haben wir den Salat. Dem stolzen Häusle Besitzer bleiben nur einige, wenige Möglichkeiten, die kalte Zeit ein wenig angenehmer zu gestalten:


  • Eine Klimaanlage mit Heizfunktion (hat den Stromverbrauch einer Kleinstadt und die Heiz-Effizienz von zwei Gebetskerzen).

  • Ein Heizstrahler (strahlt wirklich Hitze, aber nur 25 cm weit. Um das Gerät versammelt, immer noch in Mantel und Mütze, weil es von hinten immer noch kalt ist, kommt man sich vor wie in einem New Yorker Hinterhof vor einem brennenden Ölfass).

  • Ein Kohlefeuer mitten im Wohnzimmer (heizt wirklich in einem weiten Radius und die Bewohner können gleichzeitig Grillen oder Marshmallows rösten. Es verbreitet Gemütlichkeit und ist auch ein wenig romantisch. Leider stirbt man ruck zuck an einer Kohlenmonoxidvergiftung).

  • Ein Kamin (er heizt, die Überlebenschancen sind ziemlich gross und Holz liegt überall rum. Einfach genial...). "


"...und genial einfach" dachte sich der Hase und beschloss nach drei Jahren Heiz-Experimenten, unser Haus um einen Kamin zu ergänzen.

Nun ist es so, dass es keine Behörde interessiert, welche Fantasie-Konstruktionen der Individualist aus dem Boden stampft, das beinhaltet auch den Bau eines Kamins. Allerdings interessiert es genauso wenig eine Behörde, wenn eben jenes Traumhaus, aufgrund architektonischer Inkompetenz des Erbauers, vom Flügelschlag eines vorbeischwirrenden Kolibris, in sich zusammenfällt (oder halt beim unsachgemässen Einbaus eines Kamins ein Raub der Flammen wird).

Nachdem Pierre zwei Tage mit messen, zeichnen, rechnen , starren und im Lager kramen verbracht hatte, war es dann soweit. Im Wohnzimmer klaffte ein brandneues Loch im Dach und darunter entstand der "Kamin 1.0". Schon 48 Stunden später startete Pierre den ersten Versuch eines gemütlichen, knisternden Kaminfeuers und nur fünf Minuten später erinnerte mich die Situation an ein Raucherabteil der Bundesbahn in den 80ern. Hustend und in Qualm gehüllt, mussten wir geordnet und ohne Panik das Gebäude evakuieren.
Daraufhin wurde abgerissen, umgebaut, korrigiert und verlängert, bis "Kamin 4.0" endlich das gewünschte Ergebnis brachte. Ein prasselndes, wärmendes Feuer in Smog-freier Umgebung. Am Abend allerdings, zog ein seltsames Geräusch meine Aufmerksamkeit auf sich. Noch während ich darüber nachdachte, welches Nagetier dieses Knacken und Knistern verursachen könnte, hörte ich Pierre schon auf dem Dach schreien: "DACHSTUHLBRAAAAND". Bis heute korrigiert, verbessert und bastelt der Hase an seinem Kamin und ist sehr stolz, dass wir es im Winter schön warm haben.

Ich bin auch stolz auf ihn... während ich schreibe, kann ich den Kamin von meinem Platz aus bewundern. Die letzten Jahre hat er uns wirklich angenehme Tage beschert. Wir haben darin gegrillt, Brot gebacken und Marshmallows geröstet. Wenn es regnet stellen wir hübsche Schüsseln unter seinen Abzug, damit die Möbel nicht aus dem Zimmer geschwemmt werden, Pierres geniale Abdicht-Manschette läuft in dünnen, schwarzen Streifen am Abzugsrohr herunter und an schönen Tagen kann man sogar die Sonne durch das Dach funkeln sehen! Ein Kamin ist wirklich romantisch...