Dienstag, 9. Dezember 2014

Strom oder nicht Strom...

Die gesamte Stromversorgung Paraguays wird ausschliesslich durch Wasserkraft erzeugt (Itaipu). Der nationale Stromanbieter ist die "Ande". Allerdings bietet diese den Strom nur an, sie hat keinen Versorgungsauftrag wie den, auf den der verwöhnte Europäer beharrt und so kann man dankbar sein, wenn im Haus die Lampen leuchten. Es gibt im Lande immer noch sehr viele Menschen, die keinen Stromanschluss haben. Entweder, weil sie sich keinen leisten können, weil sie weit ausserhalb wohnen und bis dort einfach noch keine Leitungen verlegt wurden, oder, weil sie keinen Strom brauchen.

Ausserhalb von Ortschaften ist auch oft nur Einphasen-Strom vorhanden. Es ist möglich auf Dreiphasen-Strom aufzurüsten, dies muss der Verbraucher aber selber zahlen. Unser Haus verfügte nur über eine Phase, die Zweite und Dritte haben wir uns legen lassen. Die zusätzlichen Kabel wurden auch recht zügig verlegt und wir zahlten auch recht zügig Gs 3.000.000. Das passierte 2009 und wir sind seitdem stolze Besitzer einer toten Phase und eines defekten Stromzählers. Hin und wieder schickt die Ande eine Abrechnung mit einem geschätzten Stromverbrauch und einer gewürfelten Rechnungssumme, ab und zu kommt jemand vorbei und sagt ganz überrascht: "...der Zähler ist ja kaputt, ich mache einen Vermerk zum Austausch" und zuweilen verspricht auch jemand sich um die tote Leitung zu kümmern. In Paraguay muss man geduldig sein, den tobenden Choleriker rafft ruck zuck ein Herzinfarkt dahin.

Nun bedeutet eine Dreiphasen-Leitung, eine korrekte und hochwertige Verkabelung und eine bezahlte Ande-Rechnung noch lange nicht, dass der Hausherr dauerhaft über Strom verfügt. Derselbe fällt hier nämlich erschreckend oft aus. Leider bestreiten wir unser Einkommen mithilfe von Temperatur-sensitiven Gerätschaften... Brutmaschinen... und so ist ein unvorhergesehener Stromausfall für uns ein unangenehmer Umstand. Die Tatsache, dass ein solcher Ausfall zwischen 3 Sekunden und 3 Tagen anhalten kann, erleichtert die nun folgenden Überlegungen nicht:

  • was ist mit den Brutmaschinen?
  • wann fangen wir an die gesamten Lebensmittel im Kühlschrank zu essen?
  • wie lange hält der Gefrierschrank durch und was machen wir mit dessen Inhalt?
  • haben wir noch Kerzen?
  • wie lange reicht das Wasser?
  • wo sind die Taschenlampen und warum sind die Akkus nicht aufgeladen?

Nach zwei Jahren mit enormen Brutverlusten (vor allem im Winter) und spontanen Verteilaktionen von halb gefrorenen Lebensmitteln (vor allem im Sommer) haben wir uns "Heinrich" angeschafft. Heinrich ist ein Benzin-betriebener Strom-Generator mit 13 PS, einer Leistung von 5.5 KW und einem ziemlich eigenwilligen Charakter. Es bedarf eines bestimmten Rituals, damit Heinrich einwandfrei anspringt, aber wenn er läuft, dann läuft er. Aufs Moto-Cargo gepackt ist er auch mobil einsetzbar und die Despensas freuen sich, wenn Pierre nach vielen Stunden ohne Elektrizität vorbei kommt und die Kühlungen mit Strom versorgt. Hätten wir noch einmal die Wahl, würden wir uns allerdings ein hochwertigeres Gerät aus Deutschland mitbringen. 

Gründe für Stromausfälle gibt es viele... Blitzschlag, Sturm, umgestürzte Masten, explodierte Transformatoren, Überbelastung des Netzes, fehlende Ersatzteile oder Wartungsarbeiten. Eigentlich liefern die Mitarbeiter der Ande eine gute Arbeit ab und in den letzten Jahren ist die Versorgung auch stabiler geworden. Eines sollte man dabei nicht vergessen: die Stromversorgung in diesem Land ist kein Recht, sondern ein Privileg!

Nun ist es so, dass die Ande auch recht flexibel in der Leistung ist, die sie liefert. Zwischen "die Glühbirnen glimmen noch ein bisschen, aber der Kühlschrank ist aus" und "das Netzteil ist geschmolzen und der Fernseher brennt" ist alles möglich. Allerdings kann die Ande auch genau nachvollziehen, was sie wann verbrochen hat und so kann man sich Elektrogeräte, die bei einer Überspannung das Zeitliche gesegnet haben, zumindest Teilweise ersetzen lassen. 

Wir sind dankbar, dass wir die meiste Zeit über Elektrizität verfügen, die stromlose Zeit hat uns gezeigt, wie beschwerlich viele Dinge werden und wie verwöhnt wir im Grunde sind.