Montag, 22. März 2010

Ich krich' das los!

Ein Problem ist hier die Kleingeldmisere. Bei den Banken bekommt man kein Münzgeld und nur mit viel Glück kleinere Scheine. Die Bevölkerung regelt das irgendwie unter sich. Normale Vorgehensweise im Falle von Kleingeldmangel ist, dass man mit 100 000Gs ein Kaugummi für 200Gs kauft. Der Ladenbesitzer ist natürlich auch nicht blöde und weiss sofort, dass man es nur auf sein Wechselgeld abgesehen hat. Im ungünstigsten Falle geht ein solcher Plan schief und der Ladenbesitzer verschenkt lieber das Kaugummi, als sein Kleingeld herzugeben. Eine manchmal erheiternde Sache....manchmal.... wenn man nicht der Ladenbesitzer ist!

Wenn ich von Kleingeld spreche, meine ich 500 und 1000Gs Münzen sowie Scheine von 1000Gs aufwärts. Die 50 und 100Gs Münzen will niemand haben und die Leute lassen sich lieber diese Summe in Kaugummi oder Bonbons auszahlen. Aufgrund dessen haben wir mittlerweile zwei grosse Tüten mit diesen Münzen im Geschäft gelagert. Als gestern die Frage aufkam, was wir denn jetzt mit diesem Kleingeld machen, hatte Pierre eine tolle Idee. Er hat die Münzen mit Klebeband zu 1000Gs Päckchen zusammengeklebt und als Wechselgeld rausgegeben. Dies wurde mit überraschten Blicken, jedoch kommentarlos akzeptiert.
Mit stolz geschwellter Brust kam Pierre also am Nachmittag in die Küche gegockelt und verkündete lautstark: "Ich habe schon 20 000Gs mit den Münzpaketen rausgegeben, hahaaaa!"
Wortlos griff ich unter die Theke und stellte ihm grinsend einen Sack Münzgeld von geschätzten 5kg Gewicht vor die Nase: "Na, dann hast du ja jetzt ein schönes Hobby, eine neue Rolle Klebeband findest du in der Schublade."
Pierre: "Kein Problem. Ich krich' das los!"
In den nächsten Stunden verbrachte er also die kundenfreien Zeiten mit Zählen, Aufhäufen, Sortieren, Stapel aufbauen, Stapel umschmeissen, Fluchen, Stapel wieder aufbauen, Kleben und vor allem immer wieder den Klebestreifen-Anfang auf der Rolle suchen. Es war sehr erheiternd dies zu beobachten.... Pierre ist nicht wirklich ein Feinmotoriker, eher ein Bewegungslegasteniker.
Das Ergebnis konnte sich aber wirklich sehen lassen und er begann auch fleissig seine "Häufchen" als Wechselgeld herauszugeben und konnte nicht umhin immer wieder seine Idee zu lobpreisen und die Huldigung seiner Person einzufordern.
Am Abend war unser Laden wie üblich gerappelt voll und ich hatte in der Küche alle Hände voll zu tun. Als es ruhiger wurde war mir die Geschichte mit dem Wechselgeld schon völlig entfallen. Ich wollte nur einen Blick auf die Tageseinnahmen werfen, da sah ich SIE! Berge von Münzstapeln, gebündelt in kleinen Tüten, Frischhaltefolie, Isolierband, mit Gummiband, Draht oder Kordel umwickelt. Bei einem Stapel waren die Münzen sogar aufeinandergeklebt.
Natürlich wurde sofort mein Komik-Zentrum aktiviert und ich holte gerade Luft für einen passenden Kommentar als ich Pierres heissen Atem im Nacken spührte.
Pierre: "Maus, sag jetzt nichts!"
Ich: "Kein Problem. Du krich's das los!"
Pierre: "Habe ich dir heute schon gesagt, dass ich dich liebe?"
Ich: "Nein, hast du nicht."
Pierre: "Dann denk' mal darüber nach!"

Ich bin mir im Moment nicht sicher, wie es um unsere Beziehung steht. Angestrengt versuche ich seit gestern Blickkontakt mit Pierre zu vermeiden, weil ein solcher unweigerlich extreme Heiterkeit meinerseits auslöst. Ich konnte aber nicht umhin heute morgen, bevor wir zum Laden fuhren, die Schubkarre vor den Kofferraum zu stellen....