Mittwoch, 10. März 2010

Mama

Heute betrat eine alte Dame den Laden. Eine Paraguayerin im Herbst ihres Lebens, geschätzte 75-80 Jahre alt, höchstens 1,50m klein, von den Jahrzehnten schwerer Feldarbeit gebeugt und die Haut von der Sonne gegerbt. Allerdings auch mit vielen, hübschen Lachfalten um die Augen, eingegraben von glücklichen Momenten. Eine angenehme Person die man automatisch mit viel Respekt und Entgegenkommen behandelt.
Nach der Begrüssung eröffnete sie uns, dass sie nichts kaufen wolle, sie hätte ein anderes Anliegen. Ihr Sohn Juan würde bei uns täglich sehr viel Canja (ein ganz übler Schnaps) einkaufen und sie bat uns, den Verkauf an ihn zu unterlassen. Sie würde also hiermit verbieten, dass Juan Alkohol bei uns kauft.
Pierre war total geschockt und sagte ihr, dass wir das natürlich ab sofort unterbinden würden. Er entschuldigte sich vielmals und versicherte mehrmals, dass dies nicht noch einmal vorkommen würde.
(Hier gibt es natürlich auch eine Regelung, dass Jungendliche unter 21 Jahren keinen Alkohol konsumieren dürfen und auch der Verkauf zum Konsum verboten ist. Allerdings wird dies hier wie in den 70ern in Deutschland behandelt. Wenn der Sohn eines Nachbarn kommt und für seinen Vater Alkohol und Zigaretten kauft, ist das schon in Ordnung. Wir kennen die Nachbarn hier ja gut, bis jetzt gab es keinerlei Probleme.)
Die Dame war sichtlich erleichtert und wollte gerade den Laden verlassen, als Pierre sie fragte, wer denn ihr Sohn sei. Die Dame zeigte aus dem Fenster zum Nachbarn rüber: "Der da, in der grauen Hose."
Da sass nun Juan, 1,80m gross, ein Kreuz wie ein Preisboxer mit einer Flasche Schnaps in der Hand. Allerdings ist Juan auch 53 Jahre alt und sieht fast älter aus als seine Mutter.
Pierre richtete erleichtert, aber auch belustigt, noch einmal das Wort an die Dame, diese verliess aber sichtlich befriedigt den Laden, ohne sich noch einmal umzudrehen. Wir hatten noch einige Minuten Zeit um uns über diese Geschichte zu amüsieren, da steuerte Juan auf unser Lokal zu.
Juan: "Eine Flasche Canja, bitte!"
Pierre: "Ich kann dir keinen Canja mehr geben."
Juan: "Doch, schau hier, ich habe auch Geld."
Pierre: "Nein, das geht nicht. Deine Mama war hier und hat das verboten."
Juan: "Scheisse!"
Bedrückt schlich Juan wieder zurück zum Nachbarn, welcher ein paar Minuten später erschien um zwei Flaschen Canja zu kaufen. Da mischen wir uns aber nicht mehr ein, das muss Mama mit dem Nachbarn klären!